Geschriebenes: Eine sich öffnende Tür zum Frieden, wenn ich lesend eintrete in die andere Welt - ganz bereit, auch überraschenden Fährten zu folgen, um mir selber vorbehaltlos auf den Grund zu gehen. Unter Umständen entdecke ich mein Lieblingskonzept gerade durch das, was mir am meisten gegen den Strich geht; genau diese Leitidee könnte es sein, die ich aufzugeben habe, um Frieden zu finden. (Wer weiß …)
Meine Freundin, mein Freund: Jeden Tag habe ich in deinem Buch ein bisschen weitergelesen. Ich bin ‚in deinen Mokassins‘ gegangen, aber das, was mich wirklich interessiert, kennt weder ‚dein‘ noch ‚mein‘; ich suche den Frieden und jage ihm nach - auch auf den Spuren, die du mit deinem Herzblut aufgezeichnet hast.
Lesen: Es kann helfen, einen neutralen Beobachterstandpunkt einzunehmen und mit allen Charakteren die Friedenspfeife zu rauchen. Ein Autor hat sie auftreten lassen (wie im Leben) – Respekt davor!
Dennoch: Beim Lesen und Hören besteht die Freiheit, meine Aufmerksamkeit zu entziehen. Unterscheidungskraft führt durch: Dient es dem Frieden?
Manchmal ist das auf der ersten Seite noch nicht klar, denn (wie gesagt) ist ein fremder Text auch eine Gelegenheit, meine unbewussten Widerstände aufzuspüren, wenn die Ablenkungen Hochfrequenz erreichen. Vielleicht dranbleiben - gerade dann. Und möglicherweise brauche ich genau diesen Text, um in den Abgrund meiner Selbstgerechtigkeit zu blicken, um meine Angst im Spiegel zu erkennen.
Schreiben und lesen: Beides ist eine Gunst der Stunde, eine nicht käufliche Gelegenheit, ein wenig Zeit unbesehen zu verschenken. Muße ohne Müssen; ein Vorschuss an Vertrauen in die Ökonomie des Gebens, gespeist aus der verborgenen Quelle allen Lebens.
Mit Sprache tasten: nicht, um Dinge zu begreifen,
sondern um zu fühlen, wo sie enden;
um zurückzukehren zu dem,
was schon war, bevor sie eine Form annahmen.
Texte aufschreiben: nicht um festzuhalten,
sondern um loszulassen, was gebunden hält.
Geschichten vorlesen: nicht um Gehör zu haben,
sondern um gemeinsam das Gewahrsein dort zu fokussieren,
wo das nackte Dasein
hier
im gegenwärtigen Augenblick
wie neugeboren
zu erfahren ist.