Sorgt euch nicht um die Form - Autorin Karin Lühr - Newsletter November 2023

Sorgt euch nicht um die Form - Autorin Karin Lühr - Newsletter November 2023

Sorgt euch nicht um die Form

Eine größere Anzahl von Menschen sitzt als Gemeinschaft zusammen und tauscht sich aus. Ein Mikrofon macht zwanglos die Runde. Eine Frau ergreift es, und ihre durch die Technik verstärkten und im großen Raum klar vernehmbaren Worte, dass sie gar nichts zu erzählen habe, überraschen alle – sie selber eingeschlossen. Lachend und dies nochmals bekräftigend, reicht sie das Mikro weiter. Die ihr durchaus gegebene Möglichkeit, sich etwas ausführlicher mitzuteilen, wandert somit zum Nächsten.

 

Diese kurze Szene aus einem Video ist eigentlich perfekt geeignet, den Projektionen freien Lauf zu lassen. Viele Deutungsmöglichkeiten, Assoziationen und Interpretationsspielräume scheinen nur darauf zu warten, in jedem der Anwesenden beziehungsweise der die Aufnahme Anschauenden getriggert zu werden. So in Gang gesetzt, machte sich der Verstand (jeweils) auf die Reise, um Analysen und mögliche Erklärungsversuche zu produzieren. Potenziell könnten diese dann einen ganzen Sammelband füllen; sie könnten eingesammelt werden in einem großen Einkaufskorb.

 

„Das leere Blatt hochhalten“ – spontan fällt mir mein Newsletter-Titel vom April dieses Jahres ein. 

Ich schaue nochmals nach: So ähnlich. „Das weiße Blatt“ hieß es dort …

 

Meine Aufmerksamkeit muss nicht zwangsläufig den ‚Ausflugsvorschlägen‘ ins Denken Folge leisten. 

Auch wenn ich entscheide, mich nur auf eine einzige Assoziation zu beschränken (und nicht allen denkbaren nachzugehen): Ein komplettes Nein geht auch. Es gibt noch DAS davor; die Stille (oder Leere), bevor sich etwas zeigt; eine Fokussierung auf die Wahrnehmung des Beobachtens - ohne jegliche Anhaftung an Inhalt.

 

Wenn ich der Anziehung dort zu verweilen folge: Muss ich dann befürchten, diesen ‚Brief‘ nicht weiterschreiben zu können? Was passiert dann mit den Inhalten, die ich schon in etwa im Sinn habe (und teilweise auch genauer ausgearbeitet)?

 

Die Tage fliegen dahin, es geht auf Ende November zu. Das Mikro ist – bildlich gesprochen – schon in meiner Hand. Müsste ich nicht viel mehr ‚gehaltvollen Stoff‘ vorbereiten, im Sinne eines Sach(buch)textes, ohne vom Kernthema Migränekopfschmerz abzuschweifen? 

Es ist deutliches Gewahrsein zu verzeichnen, wie sich ein gewisser (Zeit-)Druck aufbaut und wie diese Energie mich aus dem Gegenwärtig-Sein in eine Vorsorgementalität von Contentmanagement ziehen will. Aber ich muss mit dieser Zugkraft nicht mitgehen. Ich kann sie kurz anschauen, ohne mich mit ihr zu verbinden. Es gibt die Freiheit der bewussten Wahl.

 

Die Sorge, dass es für den nächsten Augenblick irgendwie nicht reichen könnte: Kennen wir sie nicht allzu gut, zumindest ansatzweise? 

Aus welchem unbeschreiblichen ‚inneren Klima‘ kommen die Worte „Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen.“1?

 

Durch ein gehörtes Interview mit Dr. Michael Nehls war ich auf das Stichwort „Lithium“ aufmerksam geworden und hatte bei der Internetrecherche neben seiner Infoseite zu diesem Spurenelement2 auch einen Beitrag von 20183 gefunden, der im Wirkungs- bzw. Anwendungsspektrum (unter anderem) „zur Schmerzminderung bei Migräne“ aufführt. 

 

Der Fährte war ich dann online ein Stück weit gefolgt und kam bei der Recherche unter anderem auch auf Untersuchungen zum Lithium-Gehalt in unterschiedlichen Mineralwässern bzw. Heilquellen.


 


An dieser Stelle flechte ich etwas ein, was aus meiner Perspektive gut hierher passt:


Während einer schon länger zurückliegenden Weiterbildung erwähnte ein Dozent (im Zusammenhang mit funktionellen Übungen bei Schulterproblemen und beim Vorstellen eines einfachen Übungsgerätes zur nachhaltigen Abhilfe) sinngemäß das Folgende:

In seiner Praxis hätte dieses Hilfsmittel, welches aus einer Markisenhangrolle und einem Nylonseil besteht, eventuell am Rezeptionstresen (einfach verpackt und zum Selbstkostenpreis) an die entsprechenden Patienten abgegeben werden können. Aber die Erfahrung hatte ihm gezeigt, dass eine kleine Bemühung (als Ausdruck von Verantwortungsübernahme zum Mitwirken bei der Problemlösung) unbedingt erforderlich war. Somit gab er den Patienten die Adresse eines Eisenwarenhändlers – mitsamt dem Rat, per Fahrrad dort das vorrätig gehaltene Set zu erwerben.


Hinweise – darum geht es. 


Wenn wir Hinweis-Geber sind (in der einen oder anderen Form betrifft uns das alle): Möglicherweise liegt dabei die Hauptverantwortung nicht in einer immer weiter zu perfektionierenden Vermittlungspraktik von Inhalten oder deren Neuschaffung. Die Handhabung formgebender Fertigungstechniken gehört natürlich auch dazu, aber es darf durchaus auch sperrig oder ein bisschen schräg bleiben. Unter Umständen werden Zuhörer zum Zeugen unserer momentanen und wahrhaftigen Sprachlosigkeit und gegebenenfalls berührt uns das, wenn wir Hörende sind, tiefer als Worte. 

Wir können uns dafür entscheiden, immer neu bewusst dort zu verweilen, wo es sich am ursprünglichsten und wahrhaftigsten anfühlt und (noch) nichts erzählt werden kann: In jener zeitlosen leeren Stille vor allen persönlich gefärbten Stories, die das weiße Blatt nach und nach ausfüllen.

Das heißt ja keinesfalls, dass Sprache (die Wort-Form mit ihren kreativen Ausdrucksmöglichkeiten) grundsätzlich entfällt. Im Gegenteil.


Zum Abschluss noch eine Assoziation zum Thema Heilwasser/Quellen, die mir bei der Vorbereitung kam, vorgestern, als in mein E-Mail-Postfach lauter ungebetene Erinnerungen an die Erfindung des „Black Friday“ flatterten:

Freunde haben mir im vergangenen Jahr hin und wieder Wasser aus nahe gelegenen Quellen mitgebracht. DANKE dafür!

Ist das nicht ein ultimatives DIY-Geschenk? 

Allerdings würde es in die Kategorie „Last minute“ gehören, denn frisch abgefüllt ist es natürlich am besten … ;-)


Die beiden von mir heute ausgewählten Fotos sollen die formlose Quelle und den in eine Form gegebenen Inhalt andeuten.


Direkt vor Weihnachten wird es voraussichtlich noch den Dezember-Newsletter geben. Ich bleibe im Vertrauen, dass er für sich selber sorgt :-)

 

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1 https://www.bibleserver.com/de/verse/Matth%C3%A4us6,34; letzter Zugriff 26.11.2023

2 https://michael-nehls.de/infos/lithium/; letzter Zugriff 26.11.2023

3 https://www.klinik-st-georg.de/lithium-ein-wichtiges-mineral-mit-breiter-klinischer-wirkung/; letzter Zugriff 26.11.2023



 



Karin Lühr| Autorin | Am Mühlenbach 5 | 38667 Bad Harzburg

Tel. 05322 559414 | info@karin-luehr.de | www.karin-luehr.de


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